Auf dieser Seite wollen wir Beiträge von Bornheimer Senior*innen veröffentlichen die auch für Andere interessant sind oder auch zum Schmunzeln anregen.
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Wie mir vor Weihnachten das Portemonnaie gestohlen wurde
von Madeleine Will
Der Donnerstag vor Heiligabend war aufregend, denn ich wollte mit der Bundesbahn nach Landshut in Bayern fahren, um für ein paar Tage die beiden Enkelchen nebst Sohn und Schwiegertochter zu besuchen. Gegen 9 Uhr nahm ich einen früheren Zug in Sechtem, damit nur ja nichts schief gehen konnte. Dann musste ich am Bonner Hauptbahnhof eine halbe Stunde warten. Wegen Corona war nur wenig los. Ich nutzte die Zeit, um mir die drei FFP2-Masken, die mir als Seniorin zustanden, in der Bahnhofsapotheke zu holen.
Als dann auf dem Bahnsteig der Zug nach Stuttgart einfuhr, musste der Einstieg mit meinem kleinen Rollkoffer, der Versorgungs- und Handtasche, beide an der linken Schulter hängend, bewältigt werden. An einer Zugtür wartete ich in einem lockeren Pulk, bis ich an die Reihe kam. Ein junger Mann nahm mir den Vortritt, was mich ein wenig wunderte. Oben blieb er stehen, sagte: "Oh, das habe ich gar nicht gesehen, nahm meinen Rollkoffer an und verstaute ihn gleich hinter der Abteiltür im Kofferregal, mit den Worten: "Ich stell ihn gleich hier ab." - "Ja danke - wenn ich ihn da haben will." antwortete ich erfreut. Darauf stellte er den Koffer wieder in den Gang und setzte sich rasch in eine Bank in der Nähe.
Ich aber ging mit meinen Gepäckstücken den Gang weiter durch. Jetzt freute ich mich darauf, einen freien Sitzplatz mit Tisch zu finden und mir sofort im Bordrestaurant einen Cappuccino zu holen. Nach mehreren Abteilen hatte ich meinen Platz gefunden und marschierte zum Restaurant, erleichtert, dass bisher alles gut geklappt hatte.
Aber Pustekuchen! "Ich hätte gern einen Cappuccino." sagte ich und guckte zugleich in meine Handtasche. Oh, sie war offen! Und schlimmer noch: Mein Portemonnaie war nicht mehr drin! Ich bestellte wieder ab und lief zurück, um an meinem Platz nachzusehen. Weder auf noch unter dem Sitz war meine Börse zu finden. Der Zug fuhr jetzt am Rhein entlang, ich setzte mich hin und überlegte. In Sechtem war die Börse noch dagewesen. Wo könnte sie abhanden gekommen sein? Ich konnte es nicht glauben, seit 40 Jahren war mir nichts aus der Handtasche gestohlen worden, wieso heute?
Allmählich dämmerte mir, dass ich vielleicht etwas unternehmen müsste, schließlich war mein Personalausweis, die EC-Karte, eine Sparcard und diverse Kundenkarten weg. Außerdem noch rund 220 Euro in bar. Zum Glück war mein Führerschein, der "Lappen" separat untergebracht gewesen und die Kreditkarte hatte ich zuhause gelassen. Auf Kaffee und Snacks würde ich jetzt wohl verzichten müssen. Aber ich hatte mein ausgedrucktes Bahnticket und mein Handy, das mal Netzzugang hatte und mal nicht. Ich würde mich theoretisch mit meinem Führerschein ausweisen können, allerdings war der 1968 ausgestellt mit einem Jungmädchenbild und meinem Geburtsnahmen.
Daraufhin schrieb ich eine sms, in der ich meine beiden Söhne über mein Missgeschick informierte. Der Jüngere (in Essen) bot gleich an, die Sperrung der EC-Karte zu übernehmen, und ich schickte ihm die Bankdaten. Fünf Minuten später sendete er mir eine Sprachnachricht, dass er mit einem Roboter telefoniert hätte und alles erledigt sei. Das war schon einmal gut. Ich würde noch bei der Polizei melden müssen, dass der Ausweis verschwunden war, aber das würde ich von Landshut aus erledigen.
Es wunderte mich selbst, dass ich gar nicht sehr erschüttert war, die Sache war zwar ärgerlich, aber die Sachen würde ich ersetzen können. Eine stärkere Aufregung stellte die Verspätung dar, die der Zug allmählich hatte, und die Frage, ob ich die Anschlusszüge erreichen würde. Aber es ging soweit gut, und meine Ankunft war pünktlich. Auf dem Bahnsteig wurde ich von Sohn und Enkelchen freudig begrüßt.
Am nächsten Tag rief ich bei der Landshuter Polizei an, um den Verlust des Ausweises zu melden. Der Beamte hatte wenig Neigung, den Fall aufzunehmen und riet mir, es in meinem Heimatort zu machen, dazu hätte ich noch Zeit.
Ich verbrachte muntere Tage in Landshut, bis am Sonntagnachmittag die Abreise anstand. Für die Fahrt hatte ich mir 25 € geben lassen, die würden für einen Kaffee und eventuell für ein Taxi reichen, falls mein Auto in Sechtem gestohlen worden wäre. Aber es war da. Am selben Abend schaute ich in im PC in mein Konto. Fremde Abbuchungen waren nicht getätigt worden, Gott sei Dank!
Am folgenden Morgen, nach dem Augenarzttermin schellte ich an der Polizeiwache am Peter-Fryns-Platz. Es meldete sich die "Polizeiwache Duisdorf" und erklärte, die Bornheimer Wache bliebe an diesem Tag wegen Krankheit geschlossen. Ja gut, dass ich nicht extra hingefahren war. Ich rief beim Rathaus an, um den Verlust des Personalausweises zu melden und zu fragen, wie ich einen neuen bekommen könnte. Man sagte mir, ich bräuchte dazu die Kopie der Verlustanzeige der Polizei und ein aktuelles Passbild. Als Termin für die Beantragung wurde mir der 6. Januar genannt, das tat mir ein wenig Leid, da ab 1. Januar die Gebühr von etwa 28 € auf 37 € steigen würde.
Nun musste ich sehen, dass ich eine neue EC-Karte bekommen konnte. Fürs Telefonbanking hatte ich vor Jahren eine PIN bekommen und nach einigen Versuchen und längerem Warten wurde ich mit einer Person im Callcenter der Postbank verbunden. Das Bestellen klappte, und wenige Tage später kam die neue Karte per Post.
Am Mittwoch erfuhr ich am Telefon, dass die Polizeiwache besetzt sei, ich steckte meinen Pass ein und konnte die Verlustanzeige bei einer netten Beamtin aufgeben. Die Freude mit der neuen EC-Karte war allerdings recht kurz, denn am Tag nach Neujahr funktionierte mein sogenannter "TAN-Generator" nicht mehr, den hatte ich mir anschaffen müssen, weil mein Handy zu alt fürs Online-Banking war. Jetzt konnte ich nicht nachsehen, ob meine monatlichen Einzahlungen gekommen waren! Ob es an den Batterien lag? Dieses Gerät hatte so kleine Schräubchen, dass kein Schraubenzieher passte. Ein Uhrmacher würde mir helfen können, aber diese Geschäfte waren wegen Corona geschlossen. In der Poststelle konnte man mir auch nicht helfen. Ich war schon fast auf dem Weg zur Hauptpost in Bonn, als meine Nachbarin mir den Tipp gab, es in der kleinen Drogerie in Merten zu versuchen. Das tat ich sofort, und der Eigentümer hatte nicht nur den richtigen Schraubenzieher, sondern auch die richtigen Batterien. Zu meiner großen Erleichterung gab das Gerät Lebenszeichen, und das Online-Banking funktionierte auch wieder. Es ist schon erstaunlich, wie sehr man sich an das bequeme Erledigen von Überweisungen u.s.w. von zuhause aus gewöhnen kann.
Heute, am 18. Januar, habe ich die Nachricht, dass ich meinen neuen Ausweis abholen kann, und ich warte ab, ob die Online-Bestellung der Ersatz-Sparcard geklappt hat. Mit der neuen EC-Karte kann ich nun auch kontaktlos bezahlen, allerdings weiß ich nicht, ob ich das gut finde. Für die Kassiererinnen ist es allerdings eine Erleichterung. Auch der neue Ausweis soll eine Online-Funktion bieten, damit muss ich mich aber noch eingehender auseinandersetzen. Bei Verlusst müsste ich dann noch mehr Schritte unternehmen.
Zwischenzeitlich kam noch ein Schreiben von der Polizei mit einem Formular, in das ich die Kontonummern der gestohlenen Bankkarten, ihre Aussteller und Angaben zum ebenfalls verschwundenen Rentenausweises eintragen musste. Sie wollten auch Bescheinigungen dazu. Da habe ich einfach die Fotokopien von alten Karten, die noch zur Hand waren, mitgeschickt. Immerhin war ein Freiumschlag dabeigewesen.
Um die Kundenkarten (auch ADAC) habe ich mich noch nicht gekümmert, ich hatte lange gehofft, mein Portemonnaie würde wieder auftauchen, aber das ist mittlerweile unwahrscheinlich. Gleich werde ich mir die Telefonnummer vom ADAC heraussuchen und um eine neue Karte bitten. Da der Verein regelmäßig abbucht, wird er meine Kundennummer wohl wissen und mir den Gefallen tun. Ich bin entspannt, die meisten Kundenkarten brauche ich zur Zeit nicht und verreisen geht auch nicht.
So hoffe ich, dass Ihnen, liebe Leser dies Malheur nicht zustößt und rate zur Vorsicht beim Einsteigen in einen Zug. Ohne Zweifel wurde mir die Börse durch einen Komplizen des "hilfsbereiten" jungen Mannes aus der Handtasche gezogen. Ich auf jeden Fall steige ab sofort entweder als letzte oder beim Zugführer ein oder mit der Tasche vorm Bauch. Ich habe auch überlegt, die Sparcard nicht immer dabei zu haben und 20 € zum Führerschein zu tun, dann kann ich in aller Not noch einen Cappuccino trinken. Eine Fotokopie vom neuen Ausweis und aller Karten wäre auch nicht schlecht.
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